Maria Baumgartner leitet seit eineinhalb Jahren unser Migrationszentrum, in dem sie bereits seit 2018 als Mitarbeiterin tätig ist. Bei den Wahlen im Dezember 2024 wurde sie in den Integrationsbeirat der Stadt Karlsruhe gewählt – im Themenbereich „Interkulturelle Öffnung und Wohnen“. Im Gespräch erzählt sie, was sie zu diesem Engagement motiviert und welche Themen ihr in dieser Rolle besonders wichtig sind.

Warum haben Sie sich entschieden, für dieses Gremium zu kandidieren?
Ich habe mich zur Kandidatur entschlossen, weil ich täglich in meiner Arbeit erlebe, wie wichtig strukturelle Veränderungen und politische Mitbestimmung für Menschen mit Migrationsgeschichte sind. Viele Anliegen, die uns von Klient*innen begegnen, beruhen auf strukturellen Problemen und brauchen eine politische Bühne. Der Integrationsbeirat bietet genau diese Plattform, um aus der Praxis heraus Impulse in die Stadtpolitik zu geben.
Welche Themen oder Anliegen möchten Sie dort einbringen?
Ein zentrales Anliegen für mich ist die interkulturelle Öffnung städtischer Strukturen und Einrichtungen. In meiner Arbeit sehe ich, wie wichtig es ist, dass Verwaltungen, Bildungseinrichtungen und soziale Dienste kulturell sensibel und diversitätsbewusst arbeiten. Das bedeutet nicht nur Sprachmittlung oder Übersetzungen, sondern auch Personalvielfalt, diskriminierungsfreie Prozesse und eine echte Willkommenskultur.
Ein weiteres zentrales Thema ist der Bereich Wohnen – insbesondere der Zugang zu bezahlbarem und diskriminierungsfreiem Wohnraum für Menschen mit Migrationsgeschichte. Hier bestehen viele strukturelle Hürden: Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt, Unsicherheit durch befristete Aufenthaltsstatus oder fehlende Netzwerke erschweren es vielen, ein sicheres Zuhause zu finden.
Ich möchte mich dafür einsetzen, dass Wohnraum als Grundrecht verstanden wird und migrantische Perspektiven in wohnungspolitischen Diskussionen stärker einfließen. Darüber hinaus liegen mir auch Themen wie Chancengleichheit in Bildung und bei gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten – insbesondere beim Zugang zu Arbeitsmarkt – und eine umfassende Sprachförderung am Herzen.
Inwiefern ergänzt Ihr Engagement im Beirat Ihre Arbeit als Leiterin des Migrationszentrums bei der AWO?
Meine tägliche Arbeit im Migrationszentrum gibt mir einen sehr unmittelbaren Einblick in die Lebensrealitäten vieler Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Dieses Wissen ist eine wertvolle Grundlage für die politische Arbeit im Beirat. Umgekehrt kann ich Informationen und Entwicklungen aus dem Beirat auch direkt zurück in die Praxis tragen.
Was wünschen Sie sich langfristig für die migrantischen Communities in Karlsruhe?
Ich wünsche mir, dass die migrantischen Communities in Karlsruhe nicht nur als Zielgruppe von Integrationsmaßnahmen gesehen werden, sondern als aktive Mitgestalter*innen unserer Stadtgesellschaft. Langfristig sollte Diversität in allen gesellschaftlichen Bereichen selbstverständlich sein – in Politik, Bildung, Kultur und Verwaltung. Teilhabe darf nicht von Herkunft oder Aufenthaltsstatus abhängen.
Wie möchten Sie persönlich dazu beitragen, dass die Stimme von Migrant*innen in der Stadtpolitik stärker gehört wird?
Ich sehe meine Rolle sowohl als Sprachrohr als auch als Brückenbauerin. Mir ist es wichtig, die Perspektiven und Anliegen von Migrant*innen aktiv aufzunehmen und in politische Prozesse einzubringen. Das bedeutet: genau hinzuhören, konkrete Probleme sichtbar zu machen und strukturelle Veränderungen anzustoßen. Ein besonderes Anliegen ist mir dabei, darauf hinzuweisen, dass angespannte kommunale Haushalte nicht zu Lasten derjenigen gehen dürfen, die es ohnehin schon schwerer haben, dazu zählen viele Menschen mit Migrationsgeschichte. Gerade in Zeiten knapper Mittel braucht es eine klare Prioritätensetzung für soziale Gerechtigkeit und Teilhabe. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass Integration nicht als „freiwillige Leistung“ gesehen wird, sondern als zentraler Bestandteil einer solidarischen Stadtentwicklung.
November 2025