Bundesweit schon über 100 Jahre alt, in Grötzingen im Notjahr 1948 von Ludwig Scheidt gegründet. 75 Jahre AWO Ortsverein Grötzingen, Anlass und Grund zur Freude. Mit einem Sektempfang im zum Ausstellungsort umfunktionierten Augustaraum durch die Geschichte der Grötzinger AWO mit vielen Bildern und schriftlichen Zeugnissen begann die Jubiläumsfeier des AWO Ortsvereins.

Die Vorsitzende Beate Ebendt nahm das große Jubiläum zum Anlass, vor rund 60 Festgästen in der wunderschön geschmückten Niddaraum einen kleinen Rückblick zu wagen. Dabei betonte sie die wichtige Rolle, die Frauen in der AWO schon immer gespielt haben. Denn es war eine Frau, Marie Juchacz, die 1919 in Berlin eine sozialdemokratische, aber unabhängige Wohlfahrtsorganisation gründete und deren erste Vorsitzende wurde: die Arbeiterwohlfahrt. Marie Juchacz war übrigens auch die erste Frau, die nach Einführung des Frauenwahlrechts in der Nationalversammlung eine Rede hielt. Die Arbeiterwohlfahrt verfolgte bis zu ihrem Verbot durch das NS-Regime 1933 einen völlig neuen Programmansatz: Hilfe zur Selbsthilfe und Bildung für und von Frauen und „Teilhabe statt Almosen“. Nähstuben, wie ab 1948 die von Erna Scheidt in Grötzingen, Kinderbetreuung, Notspeisungen und Unterkünfte waren nach den beiden Weltkriegen die wichtigsten Aufgaben. Heute erstreckt sich das Engagement der AWO auf alle Felder der Wohlfahrts- und Sozialpolitik und umfasst unter dem traditionellen Motto auch die Bereiche Gesundheit mit Beratungsstellen aller Art, Kinder, Jugend, Alter, Suchthilfe, Inklusion, Integration und Anti-Rassismus und Anti-Diskriminerungsarbeit.Nach 20 Jahren Ludwig Scheidt folgten als Vorsitzende Fritz Deininger, Olaf Ziegfeld, Heinz Hollerbach, Wilhelmine Neu, Margit Ochs, Edith Winterhoff und seit 2019 Beate Ebendt. Zunächst fanden die Treffen im Jugendheim Obere Setz statt, bis der Ortsverein seit der Eröffnung der Begegnungsstätte ab 1986 als Dauermieter im Augustaraum seine Heimat fand: „Der war in Grötzingen viele Jahre nur als AWO-Raum bekannt. Besonders toll war, dass wir von Ortsvorsteher Herbert Schweizer und dem Ortschaftsrat die Erlaubnis bekamen, dort eine eigene Küche einzurichten – natürlich auf eigene Kosten“, sagt Ebendt.

„Aus der ersten Zeit der Nothilfe entwickelte sich im Laufe der Jahre ein begehrter, nicht auf Gewinn ausgerichteter Treffpunkt für Senior*innen, wo man sich kennt oder kennenlernt und sich wohlfühlt. Bis heute sind die ehrenamtlich organisierten geselligen Kaffeenachmittage neben vielen sozialen, kulturellen und informativen Veranstaltungen der Kern des AWO-Lebens im Ort. Damit leistet unser Ortsverein auch einen wichtigen Beitrag zum Thema Einsamkeit im Alter“, so die Vorsitzende. „Senioren- und Sozialarbeit auf ehrenamtlicher Basis, Mitarbeit am Runden Tisch Inklusion, Organisation der Flüchtlingshilfe, all das ist praktizierte Politik, ist Solidarität – das Seil, das hält, wenn alle Stricke reißen: der Kern der AWO“, ergänzt Ortsvereinsvorsitzende Karen Eßrich. Und weil die AWO eine so wichtige Funktion für den sozialen Zusammenhalt in Grötzingen hat, brachte sie einen kleinen, aber inhaltsschweren Gruß von Ortschaftsrat und der Verwaltung mit und überreichte zum Dank ein Geburtstagsbriefchen mit 400 Euro.

Außerdem überbrachte sie die Grüße des AWO Kreisverbandes Karlsruhe-Stadt e.V. und überreichte für diesen gemeinsam mit der Verbandsreferentin Carmen Gilles eine wunderschöne Majolikavase „Die AWO ist für alle da“, so die Aufschrift darauf. „In diesem Sinne wollen wir weiterarbeiten und euer AWO-Ortsverein mit Herz bleiben“, freute sich Beate Ebendt. Und noch ein Geschenk gab es: Für den neu gegründeten AWO-Geschichtsstammtisch überreichte Volker Ebendt allen Anwesenden einen Faksimile-Auszug aus dem ersten Heimatbuch von Dr. Heinrich Dietrich aus dem Jahr 1923. Aber die AWO wäre nicht die AWO, wenn sie nicht selbst ein Geschenk für alle Gäste gehabt hätte: Jede*r der Anwesenden konnte eine von Sanitäter*innen empfohlene SOS-Notfalldose als Andenken an diese Jubiläumsfeier mit nach Hause nehmen.

Eine gelungene Jubiläumsfeier: Musikalisch festlich umrahmt mit Werken für Violine und Viola von Cannabich, Mozart und Kalliwoda, bravourös vorgetragen von vier Schülerinnen der Grötzingerin Constanze Schubert-Heide, Mitglied der Kammerphilharmonie Karlsruhe und des Karlsruher Barockorchesters. Für lockeren Unterhaltungszauber nach Kaffee und Geburtstagskuchen sorgte der Zauberer Gert Veitel. Mit dem Wunsch „Sonne im Herzen für die nächsten 75 Jahre“ und dem Dank an alle Mitwirkenden endeten auch diese schönen Stunden, nachdem viele Mitglieder einen Wunschzettel für weitere Aktivitäten bis zum nächsten Jubiläum ausgefüllt hatten.